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Mehr Freizeit, weniger Job: Der Wertewandel der Franzosen

Mehr Freizeit, weniger Job: Der Wertewandel der Franzosen

In Frankreich vollzieht sich ein leiser, aber tiefgreifender Wertewandel: Die Arbeit verliert ihren Status als Lebenszentrum. Wo früher Karriere, Fleiß und beruflicher Aufstieg als unumstößliche Eckpfeiler des gesellschaftlichen Selbstverständnisses galten, treten heute Freizeit, Familie und persönliche Entfaltung in den Vordergrund. Jüngste Umfragen zeigen ein dramatisches Bild: Nur noch ein Fünftel der Franzosen bezeichnet Arbeit als „sehr wichtig“ – ein Einbruch, der das Verhältnis zwischen Bürgern, Unternehmen und Staat grundlegend verändert. Was steckt hinter dieser Entwicklung, und welche Folgen könnte sie für die Zukunft der französischen Gesellschaft haben?

 



1. Warum verliert die Arbeit in Frankreich an zentraler Bedeutung?


1. Warum verliert die Arbeit in Frankreich an zentraler Bedeutung?

Die Bedeutung der Arbeit im Leben der Franzosen nimmt rapide ab. Laut einer Ifop-Studie betrachteten 1990 noch 60 % der Franzosen die Arbeit als „sehr wichtig“, doch im Jahr 2022 waren es nur noch 21 %. Diese drastische Veränderung lässt sich nicht auf eine bestimmte Bevölkerungsgruppe beschränken – sie betrifft Männer und Frauen, Junge und Alte, Arbeiter und Führungskräfte gleichermaßen. Auch wenn die Abnahme bei jüngeren Generationen etwas ausgeprägter ist, zeigt sich ein allgemeiner Trend zu einem neuen Lebensmodell, in dem Selbstverwirklichung, Freizeit und emotionale Erfüllung zunehmend wichtiger werden als beruflicher Erfolg. Der Rückgang des Stellenwerts der Arbeit ist Teil einer tiefgreifenden kulturellen Transformation, die auch durch wirtschaftliche Unsicherheiten, den Wandel der Arbeitswelt und die Digitalisierung verstärkt wird. Menschen suchen heute nach einem Gleichgewicht zwischen Berufs- und Privatleben – das traditionelle Modell der Karriere als Lebensziel verliert an Attraktivität.


2. Gesellschaftliche Verschiebungen: Der neue Stellenwert von Freizeit und Familie



2. Gesellschaftliche Verschiebungen: Der neue Stellenwert von Freizeit und Familie

Während die Bedeutung der Arbeit abnimmt, gewinnen andere Lebensbereiche deutlich an Gewicht. Laut derselben Ifop-Studie sehen 71 % der Franzosen die Familie als „sehr wichtig“ an – trotz eines leichten Rückgangs bleibt sie an erster Stelle. Freizeitaktivitäten gewinnen jedoch rasant an Bedeutung: 40 % der Franzosen empfinden Freizeit als „sehr wichtig“, was einen klaren Aufwärtstrend darstellt. Dieser Wandel ist eng verknüpft mit dem Wunsch nach mehr Lebensqualität und persönlicher Freiheit. Die Corona-Pandemie hat diesen Trend zusätzlich beschleunigt, indem sie die Bedeutung von Homeoffice und flexiblem Arbeiten aufgezeigt hat. Viele Menschen haben in dieser Zeit erkannt, wie viel Lebenszeit sie mit Arbeit verbringen – und welchen Wert Freizeit und familiäre Nähe haben. Die Arbeit wird zunehmend instrumentell betrachtet: Sie dient der finanziellen Absicherung, nicht mehr der Selbstdefinition. Dieser Wertewandel spiegelt sich auch in politischen und sozialen Forderungen nach einer Vier-Tage-Woche oder besserer Work-Life-Balance wider.



3. Unterschiede zwischen Alters- und Berufsgruppen

3. Unterschiede zwischen Alters- und Berufsgruppen

Obwohl der Rückgang der Arbeitszentralität alle betrifft, unterscheiden sich die Motivationen je nach Bevölkerungsgruppe. Junge Erwachsene zwischen 18 und 34 Jahren neigen besonders stark dazu, Arbeit als Mittel zum Zweck zu sehen. Für sie stehen Flexibilität, Sinnhaftigkeit und Lebensgenuss im Vordergrund. Gleichzeitig zeigen Führungskräfte und gut ausgebildete Arbeitnehmer eine wachsende Bereitschaft, auf Gehalt zu verzichten, um mehr Freizeit zu gewinnen. Eine Umfrage des Cercle des économistes zeigt: Mehr als 50 % der Führungskräfte würden lieber weniger verdienen, wenn sie dadurch mehr freie Zeit hätten. Dies markiert einen historischen Bruch mit früheren Generationen, für die beruflicher Aufstieg oberste Priorität hatte. Auch Arbeiter und Angestellte empfinden ihre Arbeit zunehmend als belastend und wenig erfüllend – insbesondere in Sektoren mit hohem Zeitdruck und geringer Anerkennung. Diese Gruppen äußern häufiger das Bedürfnis nach sicherem Einkommen und stabilen Arbeitsbedingungen, ohne dass die Arbeit das Zentrum ihres Lebens bildet.



4. Welche Folgen hat diese Entwicklung für die französische Wirtschaft?

4. Welche Folgen hat diese Entwicklung für die französische Wirtschaft?

Die abnehmende zentrale Rolle der Arbeit stellt die französische Wirtschaft vor große Herausforderungen. Unternehmen müssen sich an veränderte Erwartungen der Arbeitskräfte anpassen: Flexible Arbeitszeiten, Homeoffice, Sinnhaftigkeit der Tätigkeit und Work-Life-Balance werden zu entscheidenden Faktoren bei der Gewinnung und Bindung von Talenten. Besonders betroffen sind Branchen wie Gesundheit, Bildung und Pflege, in denen der Fachkräftemangel bereits heute dramatisch ist. Wenn Arbeit ihren Status als Lebensinhalt verliert, steigen die Anforderungen an die Gestaltung attraktiver Arbeitsbedingungen. Gleichzeitig bietet dieser Wandel Chancen: Unternehmen, die innovative Arbeitsmodelle anbieten, können von einem höheren Engagement und einer stärkeren Mitarbeiterbindung profitieren. Langfristig könnte sich auch die Politik gezwungen sehen, gesetzliche Rahmenbedingungen zu überdenken – etwa durch die Einführung einer verkürzten Wochenarbeitszeit oder durch steuerliche Anreize für familienfreundliche Arbeitsmodelle. Der soziale Wandel ist unaufhaltsam – und er zwingt Wirtschaft und Gesellschaft dazu, neue Prioritäten zu setzen.

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