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Generation Erasmus in Frankreich und Deutschland

Generation Erasmus in Frankreich und Deutschland



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Etwa ein Viertel aller deutschen Studenten ist im Rahmen des Studiums im Ausland gewesen. In einer Welt, in der Unternehmen keine Ländergrenzen kennen, scheinen Auslandserfahrung, Spracherwerb und interkulturelle Kompetenz nicht mehr wegzudenken. Organisationen wie der DAAD (Deutscher Akademischer Austauschdienst), AFS und YFU (Youth for Understanding) helfen Schülern und Studenten, weltweit einen Platz an einer Schule oder Universität zu finden.


Sie vergeben Stipendien, damit sich Jugendliche solche Aufenthalte überhaupt leisten können. Der Name des niederländischen Gelehrten Erasmus ist zum studentischen Grundvokabular geworden. Das beliebteste aller europäischen Austauschprogramme schickte im vergangenen Studienjahr über 213 000 Studierende der EU in ein Gastland. Franzosen und Deutsche scheinen sich dabei so aktiv zu beteiligen wie keine andere Nation: Über 30 000 Franzosen und fast 29 000 Deutsche nahmen 2009/2010 am Erasmusprogramm teil. Sie machen 30 % aller Teilnehmer aus und lösen einander seit der Gründung des Programms 1987 an der Spitze ab. Jährlich kommen in beiden Ländern zwischen 960 und 2 300 Stipendien hinzu. Allerdings zeigte 2008 die damalige französische Ministerin für Hochschulwesen und Forschung, Valérie Pécresse, in einer Studie, dass das Angebot jenseits des Rheins höher ausfällt als die Nachfrage: 4 000 Erasmus- Stipendien wurden 2007 in Frankreich nicht beansprucht. Bei AFS, einer der größten gemeinnützigen Jugendaustauschorganisationen weltweit, bleibt die Teilnehmerzahl der französischen und deutschen Schüler seit fünf Jahren konstant.


„Finnland war das Beste, was ich machen konnte," sagt Cornelia Seidel nach zehn Monaten als Erasmus-Studentin in Tampere. Welche Vorzüge sie in ihrem Auslandsaufenthalt sieht? „Es tut einfach gut, in einem anderen Land zu studieren, zu sehen, wo die Unterschiede zum deutschen System liegen und was in Deutschland besser laufen könnte." Für die meisten ist es aber nicht nur das Lehrangebot, das ins Ausland führt, sondern der persönliche Gewinn. „Viel wichtiger als das Studium ist die Erfahrung, die man für das Leben macht", sagt Torsten Michael, der im Jemen und in Saudi-Arabien gewesen ist. „In einer anderen Gesellschaft zu leben, sich trotz Sprachbarrieren zurechtzufinden stärkt das Selbstbewusstsein. Und es hilft, die zu Hause erlernten Maßstäbe zu relativieren."


Einmal im Leben fremd zu sein und dabei Leistung bringen zu müssen ist eine Erfahrung, die man spätestens im Beruf machen muss. Umso besser, wenn man vorher geübt hat. Aber nicht jeder will seine Heimat verlassen. Häufig stellt das fachliche und sprachliche Studium eine Doppelbelastung dar. Wenn dann die Lehrinhalte der Partneruniversitäten nicht abgestimmt sind und man das Studium aufgrund nicht anerkannter Leistungen verlängern muss, ist der Frustfaktor groß. Trotz Stipendium sparen viele Studenten auf ihr Auslandsjahr hin. Denn 200 Euro monatliche Förderung sind ein Taschengeld, aber kein kostendeckender Unterhalt. Sollte man ins Ausland gehen, weil es zum guten Ton gehört? Juliane Börner, die ein Jahr in Abidjan und Hanoi verbrachte, sieht den Druck auf die Bologna gebeutelten Studenten kritisch: „Aus Angst vor Arbeitslosigkeit und sozialer Isolation nimmt so mancher Student die Monate fernab der Heimat in Kauf, um damit diversen Interessen - am wenigsten seinen eigenen - gerecht zu werden." Die entsprechende Zeile im Lebenslauf ist leider keine Einstellungsgarantie - aber sie erinnert zweifellos an eine außergewöhnliche Erfahrung.


TEXT: STÉPHANIE HESSE